„Zeigen, dass wir mehr sind“

Rund 200 Bürgerinnen und Bürger gedenken der ermordeten Paderborner Juden

© Stadt PaderbornIm Rahmen der Gedenkfeier am Mahnmal an der Alten Synagoge lasen Schülerinnen des Gymnasium Schloß Neuhaus die Namen der ermordeten Paderborner Jüdinnen und Juden vor.

Dienstag, 12. November 2019 | Stadt Paderborn - Bei der Gedenkfeier für die geflohenen und ermordeten Paderborner Jüdinnen und Juden am 9. November setzten rund 200 Bürgerinnen und Bürger ein Zeichen gegen das Vergessen. Anlässlich des Jahrestages der Novemberpogrome von 1938, bei denen auch die Paderborner Synagoge zerstört wurde, entzündeten sie Kerzen am Mahnmal an der Alten Synagoge. Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit hatte zusammen mit der Stadt Paderborn zu der Gedenkfeier eingeladen.

„Wir nehmen den Antisemitismus wieder erschreckend deutlich wahr“, sagte die Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeiten, Monika Schrader-Bewermeier, zu Beginn der Gedenkfeier. Eine Sprache voller Respektlosigkeit und Gewalt scheine mit dem Verweis auf Meinungsfreiheit legitim geworden zu sein. Zunehmende antisemitische Übergriffe wie auch der nur wenige Wochen zurückliegende Anschlag in Halle ließen die Menschen fragend zurück. „Es wird immer deutlicher, dass wir dringend aufgefordert sind, mitzuentscheiden, wie es weitergehen soll“, so Schrader-Bewermeier. Sie forderte dazu auf, zu reflektieren, kritisch zu hinterfragen und zu „zeigen, dass wir mehr sind“.

Bürgermeister Michael Dreier bezeichnete die Pogromnacht in seiner Ansprache als „düsteren, zutiefst bedrückenden Teil der Geschichte unseres Landes und unserer Stadt“. Das Mahnmal an der Alten Synagoge erinnere daran, dass die Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten dürfe. Paderborn könne stolz darauf sein, dass Menschen aus 140 Nationen in der Stadt friedlich zusammenlebten und die verschiedenen Religionen miteinander im Dialog seien. „Sorgen wir dafür, dass dies so bleibt. Wir alle haben Verantwortung dafür, dass Hass und Rechtsextremismus hier keinen Raum finden“, so der Bürgermeister.

Die Gedenkrede hielt in diesem Jahr Dr. Ingo Grabowsky, Leiter des LWL-Museums für Klosterkultur in Dalheim. Das Museum zeigt derzeit eine Ausstellung zu Verschwörungstheorien, denen sich auch Juden seit vielen Jahrhunderten ausgesetzt sehen. So würden Juden etwa als Verbündete des Teufels betrachtet, die die Weltherrschaft anstrebten. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg seien Juden noch immer Ziel von Verschwörungstheoretikern. Sogar für die Anschläge auf das World Trade Center im Jahr 2001 würden in antisemitischen Kreisen Juden verantwortlich gemacht. Die Reaktionen auf die Ausstellung machten jedoch deutlich, dass es auch Menschen gebe, die sich nicht von Hass blenden lassen und sich für ein friedliches Miteinander einsetzen. „Wir dürfen die Augen nicht verschließen“, so Grabowksy.

Nach der Kranzniederlegung am Mahnmal trug Alexander Kogan, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Paderborn, das Gebet „El male Rachamim“ vor. Zuvor hatten fünf Schülerinnen des Gymnasium Schloß Neuhaus die Namen der ermordeten Jüdinnen und Juden verlesen. Musikalisch wurde die Gedenkfeier von René Madrid begleitet.

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