Forscher entdeckten „verschollene“ Naturkundesammlung

Nach über 70 Jahren wieder da!

© Clendening History of Medicine Library, University of Kansas Medical Center.Karl Georg Friedrich Rudolf Leuckart (1822–1898).

Montag, 06. April 2020 | Stadt Paderborn - Teile der verlorengeglaubten Sammlung des berühmten Zoologen Rudolf Leuckart aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sind wiederaufgetaucht und mit ihr spektakuläre Präparate.

Forscher des Naturkundemuseums Paderborn und der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden haben Teile der verschollen geglaubten Sammlung des berühmten Gießener Zoologen und Parasitologen Karl Georg Friedrich Rudolf Leuckart (1822–1898) im Museum für Tierkunde in Dresden wiederentdeckt. Leuckart war einer der einflussreichsten Zoologen seiner Zeit und hat die Lebenswissenschaften stark geprägt. So führte er beispielsweise das Zoologische Grundpraktikum ein, das auch heute noch an vielen Universitäten durchgeführt wird.

Seit dem Zweiten Weltkrieg galt die Leuckart-Sammlung als verschollen. Bislang vermuteten Wissenschaftler, dass sie während eines Bombenhagels auf Gießen verbrannt ist. Sie wurde nun wiederentdeckt, erstmals wissenschaftlich erfasst und digitalisiert. Die Sammlung gelangte vor rund 50 Jahren an das Museum für Tierkunde, blieb aber von der Forschung weitgehend unbeachtet und geriet in Vergessenheit. Wie das Forscherteam in einer aktuellen Festschrift berichtet, konnten 85 einzigartige Präparate sicher nachgewiesen werden. Sie sind vor allem in wissenschafts-geschichtlicher Hinsicht, aber auch für die internationale Forschung von Bedeutung.
Unter den zahlreichen Präparaten befinden sich Echsen, Frösche, Fische, Weichtiere und Korallen, vor allem aber krankheitserregende, menschliche Parasiten.
„Wir stießen auch auf Exemplare, die den vor mehr als 150 Jahren publizierten Abbildung Leuckarts und seiner Kollegenn verdächtig ähnlich sehen“ erläutert Koautor Dr. Sven Mecke vom Naturkundemuseum Paderborn. So konnten die Forscher auch einen echten Schatz identifizieren: die Typusexemplare (namensgebende Exemplare, die die Grundlage der wissenschaftlichen Definition von Arten bilden) des humanpathologisch relevanten Fuchsbandwurms (Echinococcus multilocularis), der im Jahr 1863 von Leuckart beschrieben wurde.

Dass Leuckarts Sammlung vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bewahrt worden ist und nach Dresden gelangte, ist mehreren Umständen zu verdanken. Leuckart lehrte von 1850 bis 1869 in Gießen und wechselte dann an die Universität Leipzig. Seine Sammlung nahm er mit ans dortige Naturkundemuseum; auf diese Weise entkam sie der Bombardierung. Das Leipziger Museum wurde im Jahr 1968 aufgelöst, seine Bestände gingen an andere Institute – unter anderem an das Museum nach Dresden, dessen eigene Sammlung durch die Bombardierung im Zweiten Weltkrieg ebenfalls stark reduziert worden war.

„Unsere Funde machen deutlich, dass die Archive der naturkundlichen Museen mit einer enormen Vielfalt einmaliger Objekte und historisch gewachsener Sammlungen gefüllt sind. Vieles gelangte auf Umwegen an die Institute. So können sich Exemplare mit unterschätztem Wert bei näherer Betrachtung als Material von großer wissenschaftlicher Bedeutung erweisen“ unterstreicht Dr. Mecke.

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(Bei Rückfragen:
Dr. Sven Mecke: s.meckepaderbornde)

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