Zwangsheirat und Gewalt an Frauen und Mädchen ist auch in Deutschland ein Problem

Podiumsdiskussion anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen

© Stadt PaderbornMachen sich für die Bekämpfung von Kinder- und Zwangsehen stark (v. l.): Annette Ollesch, Elke Schröder (beide Zonta Club Paderborn), Julia Ures (Moderatorin), Martin Pantke (stellvertretender Bürgermeister), Sonja Fatma Bläser (HennaMond e.V.), Lydia Ercan (Mädchenhaus Bielefeld), Sonja Hartmann (Zonta Club Darmstadt), Gaby Antpöhler (Zonta Club Paderborn) und Dagmar Drüke (Gleichstellungsbeauftragte Stadt Paderborn) (von links).

Dienstag, 29. November 2022 | Stadt Paderborn - Alle zwei Sekunden wird statistisch gesehen ein Mädchen gegen seinen Willen zwangsverheiratet und ist damit im weiteren Leben häufig Opfer von physischer und psychischer Gewalt. Auf diesen Umstand machte am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen eine Podiumsdiskussion zur Bekämpfung von Kinder- und Zwangsehen aufmerksam, zu der die Gleichstellungsstelle der Stadt Paderborn und der Zonta Club Paderborn ins Rathaus eingeladen hatten. Zu dem sogenannten Orange Day wurden am historischen Rathaus auch orangefarbene Flaggen als strahlkräftiges Zeichen gegen Gewalt an Frauen gehisst.

Denn allein im Kreis Paderborn wurden im letzten Jahr 474 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung angezeigt und 292 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt gestellt. „Das Thema Kinder- und Zwangsehe reiht sich in den traurigen Reigen der Gewaltthemen ein. In eine Ehe gezwungen zu werden, ist Gewalt. In erzwungenen Ehen geschieht oft Gewalt, betont Dagmar Drüke, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Paderborn. In diesem Zusammenhang wies sie auch auf die Bedeutung der Umsetzung der Istanbul-Konvention, dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, auf kommunaler Ebene hin. Die Veranstaltung sei ein weiterer Beitrag im Sinne der Konvention.

Kinderehen und Zwangsheirat sind eine globale Verletzung der Menschenrechte, die
unabhängig von Religion und Kultur weltweit zu finden ist – auch in Deutschland. Darüber, dass diese nicht verschwiegen und geduldet werden darf, waren sich alle Beteiligten einig. Sonja Hartmann, Area Advocacy Beauftragte des Zonta Club Darmstadt, stellte das Programm zur Beendung von Kinderehen von Zonta International vor und betonte, dass damit auch ein gesellschaftlicher Wandel angestoßen werde. Lydia Ercan, Diplompädagogin/Systemische Beraterin von der Fachberatungsstelle gegen Zwangsheirat im Mädchenhaus Bielefeld e.V., erläuterte das Konzept der Beratungsstelle und berichtete von ihrer Arbeit. Neben der Beratung von Zwangsheirat bedrohter Mädchen sei die Aufklärungsarbeit an Schulen ein wichtiger Baustein, um junge Mädchen für die eigenen Rechte zu sensibilisieren. Eindrucksvoll schilderte Sonja Fatma Bläser, Schriftstellerin sowie Gründerin und Leiterin von HennaMond e.V. Köln, danach ihre eigenen Erfahrungen mit dem Kampf gegen die Zwangsheirat und der Gewalt, der sie dadurch ausgesetzt war und heute in vielen ähnlichen Fällen beobachtet.

Im Anschluss diskutierten die Referentinnen zusammen mit Annette Ollesch vom Zonta Club Paderborn, Fachanwältin für Familienrecht, über die Situation in Deutschland und wie diese nachhaltig verbessert werden könne. Die Diskutierenden waren sich einig, dass auch Männer und Jungen stärker in die Beratungsarbeit eingebunden und dafür Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Sowohl die Beratung und Stärkung der Mädchen selbst als auch die Arbeit mit den Eltern, Verwandten und religiösen Vertretern sei wichtig, um die Grundeinstellung zu verändern.

Stadt Paderborn

Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Stadtmarketing