Deutschland sagt Ukraine weitere Militärhilfe in Höhe von 1,3 Milliarden Euro zu

21.11.2023

© INA FASSBENDER, AFPVor dem zweiten Kriegswinter hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag die Ukraine besucht und dem Land die "nachhaltige und zuverlässige Unterstützung" Deutschlands zugesichert.

Vor dem zweiten Kriegswinter hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag die Ukraine besucht und dem Land die "nachhaltige und zuverlässige Unterstützung" Deutschlands zugesichert. Pistorius gab nach einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Rustem Umerow in Kiew ein weiteres militärisches Hilfspaket im Wert von 1,3 Milliarden Eurukraino bekannt. Am Vormittag gedachte er auf dem Maidan-Platz der Menschen, die bei den proeuropäischen Protesten vor zehn Jahren getötet wurden.

In dem Hilfspaket sind unter anderem vier weitere Luftabwehrsysteme vom Typ Iris T-SLM sowie 20.000 Schuss Artillerie und Panzerabwehrdrohnen enthalten. Es ist die dritte Tranche des Luftabwehrsystems, die Deutschland seit Beginn des Krieges an die Ukraine liefern will. Drei Systeme der ersten Tranche wurden bereits geliefert, ein viertes System soll noch in diesem Winter folgen.

Die zweite Tranche von vier Systemen soll 2024 geliefert werden, die nun versprochene dritte Tranche im Jahr 2025. Die Luftabwehr sei "entscheidend" und "sehr, sehr wichtig" für die Verteidigung der Ukraine, bekräftigte Pistorius. Auf die mögliche Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine angesprochen antwortete Pistorius: "Es gibt keine neuen Informationen zu Taurus."

Pistorius war am frühen Dienstagmorgen zu seinem zweiten Besuch in Kiew seit seinem Amtsantritt im Januar eingetroffen. Am Vormittag würdigte er die Demonstranten und Demonstrantinnen vom Maidan-Platz, die vor zehn Jahren mit den Protesten gegen Korruption und für eine Hinwendung zu Europa begonnen hatten. Der Minister legte in Kiew Blumen an der Gedenkstätte für die "Helden des Maidan" ab.

Im Anschluss besuchte Pistorius zusammen mit Umerow eine militärische Trainingseinrichtung der Ukraine nahe der Hauptstadt. Die beiden Minister wohnten dem Scharfschützentraining bei und besuchten die Teilnehmer des Panzertrainings. Pistorius sprach von einer "sehr guten" Koordination zwischen Deutschland und der Ukraine und kündigte eine Fortsetzung der gemeinsamen Ausbildung an.

Vor der Rückkehr nach Kiew besichtigten die Minister zudem ein von Deutschland geliefertes Luftabwehrsystem vom Typ Patriot. Pistorius ließ sich zur ukrainischen Luftabwehr informieren und den Gefechtsstand zeigen.

Am Nachmittag traf der deutsche Verteidigungsminister mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammen. Die beiden hätten die "wichtigsten Bedürfnisse der ukrainischen Soldaten und die weitere Stärkung der ukrainischen Verteidigungsfähigkeiten" besprochen, erklärte Selenskyj anschließend im Onlinedienst Telegram. In seiner abendlichen Videoansprache bedankte er sich für das "mächtige" neue deutsche Hilfspaket und die Luftabwehr, dank derer ukrainische Städte und "tausende" Ukrainer vor dem "russischem Terror gerettet werden".

Zuvor hatte Selenskyj in Kiew ebenfalls der Opfer der Maidan-Proteste gedacht und die Demonstrationen als "ersten Sieg im heutigen Krieg" gegen Russland bezeichnet.

Auf dem Maidan-Platz im Zentrum Kiews hatten am 21. November 2013 die Proteste begonnen, die rund drei Monate später zum Sturz des Kreml-treuen Präsidenten Viktor Janukowitsch führten. Im Laufe der Demonstrationen wurden mehr als hundert Menschen getötet.

Präsident Selenskyj erinnerte anlässlich des Jahrestags an den Mut der Protestteilnehmer. Er erwähnte auch die Fortschritte seines Landes auf dem Weg zu einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union.

Die EU-Kommission hatte den Mitgliedsländern Anfang des Monats die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine und dem Nachbarland Moldau empfohlen, sobald letzte Kriterien erfüllt sind. Ein Beschluss wird beim EU-Gipfel Mitte Dezember erwartet.

Auch die EU erinnerte an die Demonstrationen. "Die kalten Winternächte des Euromaidan haben Europa für immer verändert", schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im vormals Twitter genannten Onlinedienst X. "Die Zukunft der Ukraine ist in der Europäischen Union", bekräftigte sie.

In der Ukraine gab es zuletzt Befürchtungen, dass durch den Krieg im Nahen Osten die Aufmerksamkeit für den Krieg gegen Russland und damit auch die westliche Unterstützung für Kiew nachlassen könnte. Pistorius hatte vor kurzem bekräftigt, dass sich Deutschland gegenüber der Ukraine in der Pflicht sehe.

Im vergangenen Winter hatte Russland die Energieinfrastruktur der Ukraine massiv unter Beschuss genommen. Für tausende Menschen bedeutete das lange Ausfälle von Strom oder Heizung bei eisiger Kälte.