Makrozoobenthos

Sehr gut - nach weniger als 5 Jahren weist die Paderseeumflut die Bestnote bei der ökologischen Zustandsklasse auf! Grund ist die große Vielfalt bei Insektenlarven, Schnecken, Krebstieren, Muscheln, Würmern & Co.

Wirbellose Organismen kommen zu tausenden am Gewässergrund vor. Sie besiedeln Pflanzen, Totholz, Kiese oder Sande. Gerade noch mit dem Auge erkennbar, liefert uns das Makrozoobenthos genaue Informationen über den Zustand eines Gewässers. Sie zersetzen organisches Material am Gewässergrund und dienen anderen Organismengruppen, wie z. B. den in der Paderseeumflut vorkommenden Fischen, als Nahrungsquelle.

© NZO-GmbHKleine Lebewesen bauen ganz groß! Köcherfliegen bauen ihren Köcher systematisch Stein auf Stein.

Als wichtige Indikatorgruppe verrät und das Vorkommen und gleichzeitig auch das Fehlen spezieller Arten, ob der Sedimenttransport gestört ist, sich zu wenig Strukturvielfalt entwickelt oder auch Einleitungen die benthische Fauna schädigen.

Untersucht wurden  in den Jahren 2020 und 2023 jeweils 6 Probestellen. Zwei Probestellen liegen oberhalb (oh) der Paderseeumflut, innerhalb eines renaturierten Abschnitts. An drei Probestellen wurde innerhalb der Umflut untersucht, sowie eine Probestelle innerhalb des Paderauenparks unterhalb (uh) der Umflut.  

© NZO-GmbHAnzahl der Individuen pro Quadratmeter Gewässersohle

Bemerkenswert ist, dass auf einem Quadratmeter untersuchter Gewässersohle zwischen knapp 900 und über 2.500 Individuen leben. Die mit Abstand höchsten Individuenzahlen wurden an den drei Probestellen 03, 04 und 05, die innerhalb der Umflut liegen, sowie an der unmittelbar oberhalb gelegenen Probestelle 02 nachgewiesen. Unterhalb der Umflut wurden mit rund 900 bis 1.400 Tieren bis zu 2,5 mal weniger Tiere als innerhalb der Umflut nachgewiesen.

Auffällig sind dabei vor allem große Individuenzahlen von Gammarus fossarum, Gammarus pulex, Baetis vernus, Serratella ignita und Agapetus fuscipes innerhalb der Umflut, die in der Probestelle 06 unterhalb der Umflut nicht oder nur in sehr geringen Individuenzahlen nachgewiesen wurden. Diese typischen Fließgewässerarten der Bachflohkrebse oder Eintagsfliegenlarven bildeten sehr schnell große Bestände in der Umflut aus, während sie unterhalb nur mit geringen Abundanzen nachweisbar waren.

An der Paderseeumflut hatten die sonst weit verbreiteten Arten bereits nach weniger als 2 Jahren Entwicklungszeit gute Bedingungen vorgefunden, während sie unterhalb bedingt durch geringe Strukturvielfalt und vor allem eine geringe Strömungs- und Substratvielfalt nur eingeschränkt Lebensraum vorfinden.

Nach 5 Jahren hat sich dieses Bild gefestigt: Nach wie vor sind die Abundanzen in der Umflut und im unmittelbar angrenzenden Abschnitt deutlich höher als in der ausgebauten Paderstrecke unterhalb.

© NZO-GmbHÖkologische Zustandsklasse an den untersuchten Probestellen

Im Jahr 2023 wurde an allen Probestelle der Umflut und auch oberhalb ein sehr guter ökologischer Zustand erreicht! An der Probestelle 03 in der Umflut war das sogar bereits nach knapp zwei Jahren Entwicklungszeit der Fall gewesen.

Die Bewertung des ökologischen Zustands setzt sich aus zwei Modulen zusammen. Die "Saprobie" bewertet die vorhandenen organischen Verschmutzungen und die "Allgemeine Degradation" ist ein Maß für die vorhandenen Gewässerstrukturen. 

Organische Belastungen aus viel organischen Schwebstoffen sind in den Probestellen der Paderseeumflut und in den renaturierten Abschnitten oberhalb anhand der Wirbellosen-Fauna kaum nachweisbar. Die Köcherfliegenart Agapetus fuscipes stößt mit am weitesten in die Quellregion vor. Sie fehlt auf schlammigen, feinsandigen Substraten oder Feindetritusansammlungen, weshalb sie auch nicht an der mit mineralischem Schlamm überlagerten Probestelle unterhalb der Umflut festgestellt wurde. Als besonders empfindliche Art, die auf eine sehr geringe organische Belastung hinweist, ist ferner die Köcherfliege Adicella reducta zu nennen, die 2023 das erste Mal in der Umflut nachgewiesen wurde.

Anhand der Verbesserungen, die unterhalb an der Probestelle 06 sichtbar sind, zeigt sich auch die Strahlwirkung, die von der Umflut ausgeht.

© NZO-GmbH - G. BockwinkelDie auf der Roten Liste Deutschland geführte Köcherfliege Drusus trifidus (Größe ca. 1 cm)

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Besiedlung vollständig neuer Gewässerabschnitte nach 5 Jahren durchgängig „sehr gute“ Ergebnisse sowohl bei der Qualitätskomponente Saprobie, als auch bei der allgemeinen Degradation liefert. In Anbetracht der immer noch geringen Entwicklungszeit ein außergewöhnlich gutes Ergebnis.

© NZO-GmbHAnteil der Arten, die bevorzugt Kiese und grobe Substrate besiedeln

Die Strömungsdiversität der Umflut bedingt eine Vielzahl unterschiedlicher Substrate und bietet damit sowohl allgemein und weit verbreiteten Arten wie den Bachflohkrebsen Gammarus fossarum und G. pulex, sowie auch spezialisierten Arten wie beispielsweise der auf der Roten Liste Deutschlands (2016) als gefährdet geführten Köcherfliege Drusus trifidus Lebensraum. Vor allem das Vorkommen der spezialisierten Quellbewohner zeigt den Einfluss der nahen gelegenen Quellbereiche und der anschließenden renaturierten Abschnitte der Pader.

Der Anteil der Arten, die bevorzugt Kiese und grobe Substrate besiedeln (Lithal-Besiedler), ist in der Paderseeumflut und den oberhalb anschließenden Probestrecken 3 bis 4 mal höher als unterhalb. Im Vergleich mit der Probestrecke unterhalb der Umflut wird deutlich, dass die Umflut bereits nach kurzer Entwicklungszeit eine Fülle unterschiedlicher Stubstate aufwies, während diese unterhalb fehlten. 

Ferner belegen die Ergebnisse und auch das Vorkommen gefährdeter Arten die rasche Wiederbesiedlung neuer Habitate, wie sie auch in einer natürlichen und dynamischen Flusslandschaft stetig neu durch Umlagerung von Sedimenten entstehen. Besonders bemerkenswert ist insbesondere das Vorkommen von Spezialisten.

Wie an vielen anderen Gewässern auch, wurde 2023 leider erstmals der invasive Igel-Flohkrebs Echinogammarus berilloni nachgewiesen, der heimische Arten wie den Bachflohkrebs teils verdrängt, allerdings noch unterhalb der Umflut.

Insgesamt belegt die Faunawelt der Wirbellosen die herausragende Qualität der Umflut nach so kurzer Zeit. Die Paderseeumflut steht damit insgesamt für Strukturvielfalt sowie natürlichem Sedimenttransport und -vielfalt. Sie ist ein weiterer besonders wichtiger Teilbeitrag zum Biotopverbund zwischen Paderquellgebiet und Lippeaue und weist bereits eine sehr gute Qualität der benthischen Fauna auf. Besonders bemerkenswert ist dies insbesondere aufgrund der vollständigen Neubesiedlung der neu profilierten Abschnitte der Pader und der Vorschüttung eines Fließgewässers im Bereich des ehemaligen Padersees.   

Die Paderseeumflut ist damit viel mehr als eine Reparaturmaßnahme für Fehler der Vergangenheit - nämlich ein ökologisch hochwertiger Dauerlebensraum für anspruchsvolle Tierarten!