Fazit zur Veranstaltung "Allein in der vernetzten Welt?"

Chancen und Herausforderungen von Sozialen Medien

© Stadt PaderbornDie Gesprächsrunde zu "Allein in der vernetzten Welt?"

Am vergangenen Freitag lud die Stabsstelle Digitalisierung der Stadt Paderborn in Kooperation mit dem Theater Paderborn zu einer Podiumsdiskussion ein. Im gut gefüllten Theatertreff wurde im Anschluss an das Stück „Wild“ das Thema „Allein in der vernetzten Welt? – Individuum und Stadtgesellschaft in Zeiten der Digitalisierung“ diskutiert.

Nach dem Theaterstück „Wild“, welches, angelehnt an die Geschehnisse um den Whistleblower Edward Snowden, die Zusammenhänge von Freiheit, Sicherheit und digitaler Überwachung betrachtet, nahmen Rena Tangens, digital courage e.V., Prof. Günter Wilhelms, Theologische Fakultät Paderborn, Dr. Daniel Thierjung, Dramaturg Theater Paderborn, Jun.-Prof. Dr. Henning Wachsmuth, Uni Paderborn und Stefan Freise von code-x auf dem Podium Platz, um sich den Fragen von Moderatorin Stefani Josephs zu stellen.

„Das Theaterstück ist sowohl künstlerisch, als auch thematisch ein großer Erfolg“, so Daniel Thierjung, Dramaturg des Theaters Paderborn. Die sozialen Medien seien, gerade wegen ihrer unglaublichen Reichweite und den dahinterstehenden Geschäftsmodellen von Unternehmen, die mit persönlichen Daten Geld verdienen, undurchsichtig. Der Dramaturg sieht es als Aufgabe von Kultur- und Bildungseinrichtungen, dem Menschen eine kritische Sichtweise auf die Sozialen Medien näher zu bringen. Eine kritische Sichtweise bezogen auf die Geschehnisse in und rund um die Sozialen Medien hat auch Rena Tangens vom digital courage Verein. Sie merkte mit Blick auf den Whistleblower Edward Snowden an, dass  nicht alle Menschen den Mut für solch eine große Tat aufbringen können. Als besonders gefährlich sieht sie die Verbreitung von Falschmeldungen und extremistischen Gedankenguts über Soziale Medien, die eine nicht kontrollierbare Wirkungen entfalten könnten. Ihr sei es aber besonders wichtig zu zeigen, dass niemand machtlos sei, denn jeder könne selbst entscheiden, inwiefern er die Sozialen Medien nutzen möchte. Sie wünsche sich, dass es mehr Vielfalt in den Sozialen Medien gebe. Tangens ist der Überzeugung, dass Nutzer für sicherere Dienste auch bezahlen würden. An das Publikum appellierte sie mit einem Zitat vom Schulleiter Dumbledore aus der Harry Potter Reihe: „Es wird die Zeit kommen, da Ihr euch entscheiden müsst zwischen dem, was richtig ist und dem, was bequem ist.“

Für Jun.-Prof. Dr. Henning Wachsmuth ist die Wissenschaft ein wichtiges Mittel, um die  Meinungsbildung der Menschen zu unterstützen und dadurch selbstbestimmtes Handeln zu fördern. Schon früh müsse den Kindern und Jugendlichen richtiges Sozialverhalten, gerade im Bezug auf Soziale Medien, vorgelebt werden. Letztendlich müsse sich jeder selbst die Frage stellen, welchem Anbieter er vertraue und dementsprechend über sein Nutzungsverhalten entscheiden. Für Wachsmuth bieten die Sozialen Medien neben negativen Aspekten auch Chancen: Chancen zur Beteiligung, zum Kontakteknüpfen, zur Information und auch zur Meinungsbildung und -verbreitung. Wachsmuth merkt an: „Problematisch ist allerdings, dass niemand genau weiß, was sich im Hintergrund abspielt.“ Die hochtechnologischen Vorgänge würden auch Möglichkeiten zur Manipulation des Systems bieten.
 
Laut Stefan Freise von code-x kann jeder die digitale Transformation effizient für sich nutzen, man müsse sich allerdings aller Konsequenzen bewusst sein. „Es ist eine Frage von Prioritätensetzung“, so Freise. Die negativen Seiten der Sozialen Medien entstünden vor allem durch die unklare Rechtslage, die Unternehmen sich zunutze machen würden. Aus Mangel an Alternativen würden sich Monopole bilden. Für ihn stellen die Sozialen Medien eine  Grundlage der Unternehmenskommunikation dar. . Es sei naiv zu denken, dass ein Verzicht auf eben diese Medien ausreichen würde, um die gewünschte absolute Sicherheit zu erreichen. Prof. Günter Wilhelms, Theologische Fakultät Paderborn, sieht eines der Probleme der Sozialen Medien darin, dass ein Ausstieg gesellschaftlich fast nicht möglich sei: „Das heutige Kommunikationsverhalten hat sich verändert.“ Jede Nutzerin und jeder Nutzer müsse sich entscheiden, aber auch eine höhere Transparenz in der Politik sei nötig, um das System und die Strukturen im digitalen Bereich zu ändern und somit neue, auch ethische Rahmenbedingungen zu entwickeln.

Die Beteiligten diskutierten intensiv und kontrovers sowohl untereinander, als auch mit dem Publikum. Dort meldeten sich sowohl begeisterte Nutzer der Sozialen Medien, als auch Kritiker, welche mit Blick auf die dahinterstehenden großen Unternehmen einen bewussten Ausstieg aus den Netzwerken gewählt haben, zu Wort. Für Christiane Boschin-Heinz, Leiterin der Stabsstelle Digitalisierung der Stadt Paderborn war die Veranstaltung ein großer Erfolg: „Die intensive Diskussion hat gezeigt, wie sehr Soziale Medien den Alltag der Menschen bestimmen können. Viele wünschen sich mehr Wettbewerb und alternative Angebote mit klaren Regeln, sowie transparente Geschäftsmodelle, die dennoch viele User ansprechen. Jeder kann dazu seinen Beitrag leisten, indem er immer wieder bewusste Entscheidungen trifft.“