Mit Hochdruck. Holzschnitte des Expressionismus begegnen der Gegenwart

Großformatig und farbintensiv erschließen die ausgestellten Holzschnitte der Gegenwartskunst neue ästhetische und technische Dimensionen. Die Werke von Inessa Emmer, Andreas Rosenthal und Gert & Uwe Tobias treten den expressionistischen Arbeiten der Kunstsammlung gegenüber.

© Stadt Paderborn

Für die Verbreitung und Popularität des Expressionismus nach dem Ersten Weltkrieg und in der Kultur der 1920er Jahre war maßgeblich der Holzschnitt verantwortlich. Er prägte das Bild des Expressionismus und wurde das expressionistische Ausdrucksmittel schlechthin. Seine besonderen Merkmale sind scharf geschnittene Schwarzweiß-Kunst, mit ihrer Zackigkeit, ihrer Neigung zur Deformation sowie ihrem Hang zum Unmittelbaren im Umgang mit den künstlerischen Mitteln. Den Holzschnitt im Expressionismus kennzeichnet eine große stilistische und thematische Vielfalt: Porträt, Akt, Natur, Tiere, Stadtleben, Dorf, Gesellschafts- und Religionskritik, Wege zur Abstraktion. Auch die ausgestellten Werke aus der städtischen Kunstsammlung Paderborn zeigen diese Motivwelt. Ernst Barlach, Erich Heckel, Conrad Felixmüller, Käthe Kollwitz, Max Pechstein oder Karl Schmidt-Rottluff schnitzen markante Porträts oder figürliche Szenen in den Druckstock.

Auch die 1895 in Paderborn geborene und ab 1915 in Weimar ausgebildete Künstlerin Ella Bergmann-Michel übte sich im Holzschnitt als eines der traditionellen Hochdruckverfahren. Erstmals werden in dieser Ausstellung frühe Holzschnitte aus ihrer Weimarer Zeit gezeigt, die ihren Weg vom Gegenständlichen in die Abstraktion anschaulich machen.

 

Großformatig, farbintensiv oder die Druckstöcke unterschiedlich kombinierend und übereinandergeschichtet – die ausgestellten Holzschnitte der Gegenwartskunst erschließen neue ästhetische und technische Dimensionen. Andreas Rosenthal (*1950) arbeitet mit der Substanz des Holzes, schneidet, sägt, furcht Strukturen und Striche in einer bildhauerischen Art. Es entstehen Bilder, die in ihrer abstrakten Offenheit unterschiedliche Assoziationen auslösen können. Auf dem Boden liegen 18 Druckstöcke gleichen Formats, deren Abdrücke der Künstler wie archäologische Funde in ein „Regal“ an die Wand setzt. Aus den flächigen Strukturen bilden sich dreidimensional erscheinende steinartige Gebilde.

Mit ihren den traditionsreichen Holzschnitt revitalisierenden Bildwelten haben die Zwillingsbrüder Gert und Uwe Tobias (*1973) die Technik des Hochdrucks revolutioniert. Mit verschiedenen Druckstöcken, farblich intensiv gefasst, entwerfen sie mit einem Repertoire aus Volkskunst, Pop und Hochkultur auf der Leinwand eine Erzählung mit hybriden Wesen in einem wie gemalt erscheinenden Bühnenraum.

Wie Malerei wirken auch die Werke von Inessa Emmer (*1986). Doch diese entstehen komplett im Holzschnitt-Verfahren. Sie baut den Hintergrund ihrer Arbeiten aus rechteckigen Pappelholzplatten auf, die nebeneinander gedruckt einen geometrisierenden Rhythmus ergeben. In weiteren Schritten überträgt sie mit dem Druck und den Bewegungen ihres Körpers ausgeschnittene Elemente auf den Nesselstoff. So baut sie einen poetischen Bildraum aus realen und surrealen Dingen, der durch die Vielschichtigkeit der Farbe räumliche Tiefe gewinnt.

 

Ergänzend findet ab dem 8. März im Kunstmuseum im

Marstall die Ausstellung Intermezzo# 6 statt, die weitere Holzschnitte aus der städtischen Kunstsammlung zeigt. Zudem wird im Kunstmuseum eine temporäre Druckwerkstatt eingerichtet und Studierende der Kunstpraxis (Druckgrafik) der Universität Paderborn gestalten einen Teil der Ausstellung.

Termine und Vermittlungsangebot

Private Gruppenführungen durch die Ausstellung auf Anfrage: n.richterpaderbornde

Programm für Schulklassen

Interaktive Führung mit anschließenden kunstpraktischen Programmen
Information und Anmeldung 05251 88 12637 oder d.waltherpaderbornde