Gelungener Einblick ins Thema „Frauengesundheit“

Auftaktveranstaltung der städtischen Gleichstellungsstelle zum Internationalen Weltfrauentag war ein voller Erfolg

© Stadt PaderbornFreuten sich auf einen spannenden Vormittag: (v. l.) Christa Mertens (stv. Gleichstellungsbeauftragte), Dagmar Drüke (Gleichstellungsbeauftragte), Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek, Referentin und Gründerin des „Institute for Gender in Medicine“ an der Charité Berlin, Bürgermeister Michael Dreier, Mechthild Pleininger (Vorsitzende des Gleichstellungsausschusses) und Moderatorin Julia Ures.

Dienstag, 11. März 2025 | Stadt Paderborn - Anlässlich des Internationalen Frauentags stand in der traditionellen Auftaktveranstaltung der städtischen Gleichstellungsstelle dieses Jahr das Thema „Frauengesundheit“ im Fokus. Bürgermeister Michael Dreier begrüßte herzlich alle Gäste und richtete einen besonderen Dank an die Gleichstellungsbeauftragte Dagmar Drüke und ihr Team. Die jährliche Auftaktveranstaltung im Rathaus sei dem Bürgermeister sehr wichtig und gewinne im Hinblick auf die weltpolitische Situation, die bereits erreichte Erfolge ins Wanken bringe, weiter an Relevanz. „Lassen Sie uns nicht lockerlassen, sondern lassen sie uns den Finger erheben, wenn es darum geht die Gleichberechtigung von Mann und Frau als ein zentrales Thema in unserer Stadt immer wieder in den Mittelpunkt zu stellen“, sagte Dreier.

Dagmar Drüke betonte mit Blick auf die Historie des Weltfrauentags dessen symbolhafte Bedeutung für die Rechte und Solidarität von Frauen, aber auch für eine humane Gesellschaft und den Frieden. Auch habe der Internationale Frauentag nichts von seiner Bedeutung eingebüßt. Der internationale Frauentag sei immer wieder eine gute Gelegenheit, wichtige frauenpolitische Themen in den Fokus zu rücken, wie heute das Thema Frauengesundheit. „Das Thema Frauengesundheit brennt vielen Frauen auf den Nägeln. Denn: Frauen sind anders krank als Männer, das ist schon lange bekannt", sagte Drüke. „Aber inwieweit wird diese Erkenntnis auch hinreichend berücksichtigt in der Forschung, bei der Entwicklung und Verschreibung von Medikamenten oder bei der Behandlung von Patientinnen?"

Um einen Einblick in das Thema Frauengesundheit zu geben, hielt Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek, Gründungsdirektorin des „Berlin Institute for Gender in Medicine“ an der Charité Berlin, einen Impulsvortrag. Die Kardiologin erforscht geschlechtsspezifische Unterschiede in der Medizin und engagiert sich dafür, dass Frauen und Männer gezielter und wirksamer behandelt werden. Sie leitete zahlreiche Forschungsprojekte zu Geschlechtsunterschieden bei Herzerkrankungen, erstellte Leitlinien zu Herz-Kreislauferkrankungen in der Schwangerschaft und publizierte 2023 das erste Fachbuch für Ärzt*innen für Gendermedizin in der klinischen Praxis und Therapie. Damit ist sie Pionierin auf diesem Gebiet und hat die Medizin grundlegend verändert. Ihre Leistungen wurden mit zahlreichen Preisen gewürdigt, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz.

Geschlecht spiele an vielen Stellen im Leben eine Rolle und erstaunlicherweise werde sein Einfluss in der Medizin oft unterschätzt, sagte Vera Regitz-Zagrosek. Dabei unterschieden sich alle Körperzellen der Frauen von denen der Männer, und zwar in ihren Genen und Hormonen. Die Unterschiede würden schon im Ungeborenen beginnen. Später im Leben beeinflussten sie die Körperzusammensetzung, die Funktion fast aller Organe und den Stoffwechsel einschließlich des wichtigen Arzneimittelstoffwechsels. Diese Erkenntnisse seien zwar nicht neu, hätten aber immer noch nicht alle Bereiche durchdrungen, sodass es zur Benachteiligung von Frauen sowohl in der Forschung und der Medikamentenentwicklung als auch in der Behandlung komme, machte die Referentin deutlich.

Ein großes Problem sei laut Regitz-Zagrosek die sogenannte gender-data-gap, der zufolge für Frauen weniger Gesundheitsdaten verfügbar seien, da viele Studien nur an Männern durchgeführt worden seien und einige Krankheiten, die nur Frauen betreffen, wenig erforscht seien. Dabei sei bekannt, dass die Symptome und Krankheitsverläufe vieler Erkrankungen vom Geschlecht abhängig sind – nicht nur beim Herzinfarkt, sondern auch bei Diabetes, Schlaganfällen, Leber-, Nieren- und Knochenerkrankungen, Infektionen und Erkrankungen des Immunsystems sind Frauen und Männer „anders krank“. Durch die verschiedenen Stoffwechselprozesse seien Medikamente bei Frauen und Männern unterschiedlich verträglich und wirkten zum Teil auch anders. Neben den biologischen Faktoren (Sex) spielten zudem psychosoziale Mechanismen (Gender) eine große Rolle für die Geschlechterunterschiede. Sex und Gender beeinflussten sich gegenseitig und beide beeinflussten unsere Gesundheit.

All diese Geschlechterunterschiede hätten noch nicht Eingang in die Lehrbücher gefunden und bereits existierende Regeln würden in der Praxis oft nicht beachtet, sagte die Expertin. Erfolgsversprechende Ansätze zeigten jedoch: Die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Faktoren könne zur Optimierung der Therapie führen und das nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Vera Regitz-Zagrosek betonte: „Das Ziel sollte sein, dass Frauen und Männer gezielter, besser und gerechter behandelt werden. Wir müssen die Ungleichheit akzeptieren und freundlich aufeinander zugehen, um zu gleichen Chancen zu kommen.“ Die Gesellschaft bestehe nunmal aus Frauen und aus Männern und man müsse beide berücksichtigen.

Im Anschluss an den informativen Vortrag wurden die darin gegebenen Impulse aufgegriffen, diskutiert und weitergedacht. In einer offenen Diskussionsrunde konnte das Publikum Fragen an Vera Regitz-Zagrosek stellen. Der Vortrag und auch die Diskussion wurden von Julia Ures, freiberufliche Moderatorin und Kulturnadelträgerin aus Paderborn, moderiert und durch die Dolmetscherinnen Karina Knipping und Anna Preiß in Gebärdensprache übersetzt.

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