Heideromantik in der Stadtheide

Ein Stück der historischen Landnutzungstradition direkt vor der eigenen Haustür.

© Stadt PaderbornHeidschnucken in der Stadtheide

Als Anfang des Jahres um die kleine Heidefläche bei den Fischteichen ein Zaun gebaut wurde, wurde schon gemutmaßt, die Menschen sollten nun ausgesperrt werden. Doch die Tore im Zaun blieben offen. Nun kommen die Nutznießer des Zauns:

Heidschnucken und Ziegen der Biologischen Station aus der Senne. 

Etwa 50 Jahre dürfte es her sein, dass sie dort zuletzt waren. Die Geschichte des heutigen „geschützten Landschaftsbestandteils“ Stadtheide ist allerdings noch sehr viel älter. Es ist 1927 das erste Paderborner Naturschutzgebiet gewesen, damals Naturschutzpark genannt. Der Naturkundliche Ausschuss des Heimatvereins hatte sich seit 1925 dafür eingesetzt. Neben dem Apotheker Hugo Koch und Oberstudienrat Limberg dürfte es der Verdienst des Vorsitzenden Dr. Carl Heuß sein, Oberstabsveterinär der Offiziersreitschule in der Abdinghofkaserne. Er hatte in Paderborn etliche Vereine, nicht nur im Vogel- und Naturschutz, mitbegründet und geleitet - und ist heute in Paderborn trotzdem in Vergessenheit geraten. 

Die Heidefläche war damals in keinem guten Zustand: im 1. Weltkrieg soll dort das Werfen von Handgranaten geübt worden sein. So wurde nach „lebhafter Aussprache“ beschlossen, Bäume zu pflanzen und Heideplaggen aus der Nachbarschaft zu übertragen – Heide als Rollrasen sozusagen. Die zarten Pflänzchen wurden im nächsten Jahr, zur Empörung der Naturschützer, von einer unbekannten Schafherde gefressen. 

Doch die Schafe sind heute rehabilitiert, ihr Ruf wiederhergestellt. Sie fressen nicht nur die Besenheide, sondern noch viel mehr die Konkurrenz: Gräser, Sträucher und Bäume. Das hilft nicht nur der Heide, die wieder neu austreiben kann, sondern auch vielen anderen seltenen Pflanzen und Tieren, die auf die offene Heidefläche angewiesen sind. Dafür sorgen auch die zwei Ziegen, deren Leibspeisen neben Gehölzen auch Brombeersträucher sind - die größte Konkurrenz der Heidepflanzen in der Stadtheide.

© Stadt Paderborn Heidschnucken und Ziege lassen sich die Gehölze schmecken

Mike Lindley, Schäfer der Heidschnucken-Schäferei der Biologischen Station Kreis Paderborn-Senne, muss dazu entscheiden, wie viele Schafe wie lange und zu welcher Zeit auf welchem Teil der Fläche eingesetzt werden - eine Wissenschaft für sich, ganz ohne KI.
Die für die Naturschutzflächen zuständige Arbeitsgruppe der Stadt Paderborn wird ihn unterstützen das ganze "Drumherum" zu organisieren, zum Beispiel auch die Versorgung mit Wasser.
Ulrich Mertens, Ansprechpartner bei Greenpeace für die Ehrenamtlichen, die sich seit 2015 um die Fläche kümmern, ist begeistert: „Das ist der Ritterschlag für das Gebiet. Und ein bisschen Heideromantik für die Stadtheide.“ In den letzten Jahren hatten die Ehrenamtlichen ungezählte Schubkarren mit Blättern und anderer Biomasse von der Heidefläche geholt. Im Naturschutz sind nicht gedüngte, sondern möglichst nährstoffarme Böden notwendig, um bedrohten Pflanzen und Tieren wieder eine Heimat zu geben. Fast ein Dutzend Rote Liste-Arten wurde seit 2015 dort wiederentdeckt oder gesichert. Durch die Beweidung wird die ökologische Vielfalt und Entwicklung der Stadtheide weiter positiv gefördert.

Für ein bis zwei Wochen bleiben die Tore zur Heidefläche an den Fischteichen nun geschlossen. Von den Toren aus lohnt sich trotzdem ein Blick auf die Schafe und Ziegen.

Die Beweidung und Pflege der Stadtheide ist ein Kooperationsprojekt der Biologischen Station Kreis Paderborn-Senne, des Greenpeace Paderborn, des Gemeindeforstamts Willebadessen, der Unteren Naturschutzbehörde des Kreis Paderborn und des Naturschutz-Teams der Stadt Paderborn. Alle Beteiligten bitten um Verständnis für die kurzzeitig geschlossenen Tore.

Text verfasst von Ulrich Mertens, Greenpeace Paderborn