Paderborner Rat einstimmig für Kunstinstallation „Die Glocke“

Objekt soll zur Diskussion über kirchliche und religiöse Prägung der Stadtgesellschaft anregen

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Bereits 2007 stand die Kunstinstallation „Die Glocke“ des Dänen Henrik Plenge Jakobsen anlässlich der Ausstellung „Tatort Paderborn“ in der Paderborner Innenstadt. Nun hat die Stadt Paderborn diese nach einstimmiger Entscheidung des Rates angekauft, um sie im Garten am Kreuzgang des ehemaligen Abdinghofklosters dauerhaft zu installieren. Der Rat hat im Bewusstsein darüber, um welches Objekt es sich handelt, in welchem Zusammenhang und an welchem Ort es gezeigt wird, einstimmig den Beschluss zum Ankauf gefasst. Zwar steht auf der Glocke das von Friedrich Nietzsche stammende Zitat „Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder?“ geschrieben. Mit diesen Worten möchte das Stadtmuseum allerdings in keiner Weise eine Aussage treffen. Vielmehr geht es darum, eine stadtgesellschaftliche Frage der Identitätskonstruktion am konkreten Beispiel sichtbar zu machen. Gemeinsam mit weiteren künstlerischen Positionen wird die Kunstinstallation im Stadtmuseum eine Brücke von der Vergangenheit zur Gegenwart bauen. Eine kontroverse inhaltliche Diskussion über die diversen Identitätskonzepte, die im Stadtmuseum thematisiert werden, ist ausdrücklich gewünscht. 75 Prozent der Mittel für den Ankauf der Glocke kommen aus Zuschüssen des Landes NRW und der Kunststiftung NRW, die übrigen 25 Prozent aus dem städtischen Etat zur Neuordnung der Museumslandschaft. Die Stadt Paderborn sowie die Zuschussgeber haben ihre Ankaufentscheidung auf der Grundlage von Gutachten renommierter Kunstsachverständiger getroffen. Die Kunstinstallation ist eingebunden in ein Museums- und Ausstellungskonzept, das Themen der Stadtgesellschaft aufgreift und zur Diskussion stellt. Der Abdinghof ist wie kaum ein anderer Ort in Paderborn durch den gesellschaftlichen Umbruch von der Vormoderne zur Moderne geprägt. Hier lässt sich ablesen, wie die Einheit von Religion, Kirche und Gesellschaft um 1800 zerbrach und die Moderne mit ihrem Anspruch auf gesellschaftliche Autonomie entstand. Die Aufhebung des Benediktinerklosters und die Einrichtung der Husarenkaserne zeigen dies mehr als deutlich. Das Selbstverständnis der Stadtgesellschaft war danach ein anderes. Das Stadtmuseum hat die zentrale Aufgabe, solche Wandlungsprozesse in der Stadtgesellschaft zu verdeutlichen und historische und gegenwärtige Identitätskonstruktionen und -konzepte der Stadtgeschichte zu erkunden. Die Frage nach der kirchlichen und religiösen Prägung der Stadtgesellschaft ist für das Museum von zentraler Bedeutung. Gerade auf dem historischen Areal des Abdinghofs kann man dieser Frage nicht ausweichen. Das Kunstwerk „Die Glocke“ stellt diese Frage. Thematisch wird die Installation an die Ausstellungseinheit „Erinnerung und Identität der Stadtgesellschaft“ angebunden. Dazu gehört an zentraler Stelle die religiöse Identität, die seit der Neuzeit und erst recht der neuesten Zeit in vielfacher Hinsicht gebrochen ist. Die Kunstinstallation ist für die Auseinandersetzung mit dieser Thematik in besonderem Maße geeignet, da sie auf das Phänomen Religion in einer säkularisierten Welt verweist und während der Tatort-Ausstellung 2007 selbst Gegenstand einer kontroversen Auseinandersetzung innerhalb der Stadtgesellschaft geworden ist. Daher ist sie bereits ein stadtgeschichtlich bedeutsames Exponat. Die damaligen Kontroversen um die Glocke waren ein nicht unwesentlicher Grund für den jetzigen Ankauf fürs Stadtmuseum. Das Stadtmuseum macht mit der Aufstellung der Glocke keine Aussage, sondern es macht eine stadtgesellschaftliche Frage der Identitätskonstruktion am konkreten Beispiel sichtbar. Die Stadt Paderborn unterstreicht die Aussage des Künstlers, mit der Aufstellung des Kunstwerks kein anti-kirchliches oder anti-religiöses Statement abzugeben.