Rückschau
Übersicht der vergangenen Ausstellungen aus dem Stadtmuseum
Monumenta. Erinnerungsorte zwischen Weser u. Lippe
1. Mai bis 28. August 2022
Die Fackel der Ewigkeit anzünden
Die Region zwischen Weser und Lippe ist reich an historischen Zeugnissen. Römer und Germanen, Sachsen und Franken hinterließen ihre Spuren und machten die Region zu einer geschichtsträchtigen Landschaft. Ferdinand von Fürstenberg, der gelehrte Fürstbischof von Paderborn und Münster, ging diesen Spuren nach und schrieb 1669 das Buch Monumenta Paderbornensia: Denkmale des Paderborner Landes. Hierin setzt Ferdinand 24 Orten, Landschaften und Ereignissen ein literarisches Denkmal und beschreibt ihre besondere Geschichte. Erinnerung sollte so dauerhaft gestiftet und eine „Fackel für die Ewigkeit“ entzündet werden.
Sind diese Orte, Landschaften und Ereignisse noch heute von Bedeutung? Die Ausstellung geht dieser Frage nach: im Kreismuseum Wewelsburg, im Stadtmuseum Paderborn und im Jacob Pins Forum Jacob Pins Höxter sowie in der dortigen Minoritenkirche. Machen Sie sich auf die Reise! Erkunden Sie in Wewelsburg, Paderborn und Höxter die historische Dimension der Region zwischen Weser und Lippe. Entdecken Sie in den Ausstellungen 24 Orte, Landschaften und Ereignisse, die diese Region besonders geprägt haben.
Im Stadtmuseum
Das Stadtmuseum Paderborn widmet sich sieben Erinnerungsorten, die Ferdinand von Fürstenberg in seiner Monumenta beschrieben hat: der Familie von Fürstenberg, den Quellen von Pader, Ems und Lippe, der Sennelandschaft sowie dem Römerlager Aliso bzw. der Varusschlacht. Dem Paderborner Fürstbischof waren diese geschichtsträchtigen Orte besonders erinnerungswürdig. Ihnen auch? Die Ausstellung gibt Einblick in die Geschichte dieser Orte und fragt nach ihrem Bedeutungswandel bis in die heutige Zeit. Mitmachstationen laden ein, sich aktiv mit den originalen Ausstellungsexponaten auseinander zu setzen.
Vom Magdalenenmarkt zu Großlibori 1521 bis 2021
23.07.2021 bis 30.01.2022
Vom Magdalenenmarkt zu Großlibori 1521 bis 2021
Jedes Jahr im Juli feiern Erzbistum und Stadt Paderborn gemeinsam „Libori“, eines der größten und ältesten Volksfeste in Deutschland. Mehr als 1,5 Millionen Gläubige, Pilger, Markt- und Kirmesbesucher strömen dann in die Stadt, um friedlich zu Ehren des Dom-, Stadt- und Bistumspatrons, des Heiligen Liborius, zu feiern. Liborius war im 4. Jahrhundert Bischof von Le Mans in Frankreich. Sein Todestag ist der Überlieferung nach der 23. Juli 397. Im Jahr 836 wurden seine Gebeine von Le Mans nach Paderborn übertragen.
Auch in diesem Jahr werden wir erneut kein richtiges Libori feiern können, umso mehr freuen wir uns, mit vielen Besucher*innen auf „500 Jahre Liborimarkt“ blicken zu können. Als kirchliches und weltliches Volksfest ist Libori der unbestrittene Höhepunkt im Jahresfestkalender – nicht nur für Paderborner. Mit der Ausstellung blicken wir auf ein Markt- und Kirmesgeschehen, das seinen Ursprung im 16. Jahrhundert hat.
Mit dem „Magdalenenmarkt“ findet es seinen Anfang im Jahr 1521. Gegründet durch Bischof Erich von Grubenhagen (1508-1531), erhält der Markt seinen Namen unter Bezug auf den Festtag der Heiligen Maria Magdalena. Gehalten werden soll er jeweils drei Tage vor und drei Tage nach dem 22. Juli. Der Beginn des Marktes fällt sowohl mit dem Tag der Kirchweihe des Domes (1068) als auch mit den kirchlichen Liboriusfeierlichkeiten zusammen und konnte die besten Voraussetzungen für ein blühendes Marktgeschäft bieten.
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wird der Magdalenenmarkt vor dem Westerntor abgehalten bevor er auf den Domplatz verlegt wird. Im Zusammenspiel mit den kirchlichen Feierlichkeiten und der glanzvollen 900-Jahrfeier im Jahr 1736 als Prachtentfaltung höfischer Inszenierung, entwickelt sich der Markt ab Mitte des 19. Jahrhundert zu voller Blüte und erhält erst ab diesem Zeitpunkt die Bezeichnung „Liborimarkt“.
Wie sich das Markt- und Kirmesgeschehen zu Libori im Laufe der Jahrhunderte veränderte, stellt die Ausstellung an ausgewählten Beispielen dar. Zahlreiche Objekte, Dokumente und Filme lassen die Entwicklungen bis heute anschaulich vor Augen führen.
Blumenkübel – Wendehammer – Wäschespinne
18.04.21 bis 31.10.21
Deutsch-deutscher Städtebau in Ansichtspostkarten 1949–89
Fußgängerzonen, Hoch- und Umgehungsstraßen, Trabanten- und Schlafstädte – die Raumproduktion der Nachkriegsmoderne wird in der Serialität und vermeintlichen Austauschbarkeit selten als sehenswert und interessant genug für eine touristische Wahrnehmung gedeutet. Umso erstaunlicher, dass zwischen 1949 und 1989 in der BRD und der DDR Staaten unzählige Ansichtskarten der neuen Alltagswelt gedruckt worden sind.
Die Ausstellung „Blumenkübel – Wendehämmer – Wäschespinnen“ lässt anhand zahlreicher Beispiele eine Epoche lebendig werden, in der mit dem technischen und baulichen Fortschritt noch eine gesellschaftspolitische Verheißung verknüpft war – eine Reise in die Vergangenheit der Zukunft mit einem populären Medium, das inzwischen selbst vom technischen Fortschritt überholt wurde.
Neben Städten wie Magdeburg, Hannover, Kiel, Rostock, Hamburg und vielen weiteren, wird auch die Entwicklung der Paderborner Haupteinkaufsstraße, die Westernstraße, im Laufe des 20. Jahrhunderts an zahlreichen Motiven aufzeigen, welche Auswirkung die Umwandlung einer Straße zur Fußgängerzone auf den Stadtraum als Zusammenklang von Fassaden, Verkehr und Nutzungsspektrum hatte.
Der Sammler
Ulrich Brinkmann, 1970 in Paderborn geboren, ist Architekt und Redakteur der Architekturzeitschrift „Bauwelt“ in Berlin. Seit Grundschulzeiten sammelt er Postkarten mit Stadtansichten und Architekturdarstellungen. Sein rund 35.000 Exemplare zählendes Archiv zur europäischen Stadtentwicklung im 20. Jahrhundert wird im Stadtmuseum Paderborn erstmals mit einem ausschnitthaften Blick auf Hauptströme und Sonderwege in Deutschland präsentiert. Zur Ausstellung ist 2020 das Buch „Achtung vor dem Blumenkübel! Die Fußgängerzone als Element des Städtebaus“ erschienen. Die Folgebände „Vorsicht auf dem Wendehammer! Die Straße als Element des Städtebaus“ und „Obacht an der Wäschespinne! Die Siedlung als Element des Städtebaus“ sind in Vorbereitung.
"Die Weltenlauscher"
20.02. bis 30.05.2021
Erfindungen und Denkapparate von Erwin Grosche. Eine Ausstellung für alle kleinen und großen Menschenkinder
Die Ausstellung „Die Weltenlauscher“ zeigte Exponate, Requisiten, Texte, Filme und Bilder des emsigen Paderborner Schriftstellers und Erfinders Erwin Grosche. Erfindungen und Denkapparate die der Paderborner Künstler in seinem fast 50jährigen Bühnenleben erfunden und erdacht hat, waren im Stadtmuseum Paderborn zu sehen. Da traf sich der Tigerstuhl mit der Peter Sloterdijk Entspannungstasche, da halfen Windkarten beim Luftzufächeln und Entschleunigungstüten beim Abstoppen an steilen Hängen. Da wurde ein Film im Bauchkino gezeigt und der Regenhut half beim richtigen Umgang mit trockenen Pflanzen. Die Psssst-Kiste lud zum Verweilen ein und der 6-Fingerhandschuh zierte zarte Frauenhände.
Get dressed - Kleider machen Leute
16.8.2020 - 31.01.2021
Zu „Get dressed!“ zeigt das Stadtmuseum die Ausstellung „Kleider machen Leute“ der international renommierten Fotografin Herlinde Koelbl. Die Münchner Fotografin hat sich über vier Jahre lang dem Thema „Kleidung“ gewidmet. Sie hat Menschen in Deutschland und aus acht weiteren Ländern in ihrer offiziellen Berufskleidung und privat portraitiert. Herlinde Koelbl geht es um die Verwandlung und die Blendung durch „Uniformen“, es geht ihr um den öffentlichen und privaten Menschen. Es sind optisch erstaunliche Metamorphosen, die in ihren überwiegend großformatigen Fotografien deutlich werden: Mit der formellen Kleidung verändert sich die Körpersprache, Uniformen und Berufskleidungen lassen den Menschen imposanter und selbstbewusster erscheinen – ohne hingegen wirken die Dargestellten manchmal alltäglich oder verlieren sogar ihre Ausstrahlung und Würde.
Seit den 1980er Jahren komponiert Herlinde Koelbl in großen Zyklen künstlerische Interpretationen kultureller, gesellschaftlicher und philosophischer Themen. Große Aufmerksamkeit fand ihre Studie im Projekt „Spuren der Macht“, in dem es um die Verwandlung von Menschen in einem hochrangigen politischen oder wirtschaftlichen Amt ging (1991-2000). In „Kleider machen Leute“ analysiert Koelbl die Bedeutung von Kleidung.
Rassendiagnose Zigeuner. Der Völkermord an den Sinti und Roma und der lange Weg der Anerkennung
09.10.2022 - 08.01.2023
Die Ausstellung zeigt die Geschichte der Verfolgung von der Ausgrenzung und Entrechtung der Minderheit im Deutschen Reich bis zu ihrer systematischen Vernichtung im besetzten Europa. Schätzungsweise 500.000 Sinti und Roma wurden in Europa von den Nationalsozialisten ermordet. Der Perspektive der Täter werden in der Ausstellung Zeugnisse der Opfer gegenübergestellt: Historische Familienfotos von Sinti und Roma geben Einblicke in die Lebenswirklichkeit der Menschen und lassen sie als Individuen hervortreten. Damit macht die Ausstellung die zerstörten Lebenswege hinter den abstrakten Dokumenten der bürokratisch organisierten Vernichtung sichtbar. Die Geschichte der Überlebenden im Nachkriegsdeutschland, die erst spät als NS-Opfer anerkannt wurden, wird dargestellt.
Es war die Bürgerrechtsbewegung der deutschen Sinti und Roma, die die ideologischen und personellen Kontinuitäten aus der Zeit des „Dritten Reichs“ zum Gegenstand einer gesellschaftlichen Debatte gemacht hat.
Eine Ausstellung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma.
Veranstaltungen
Gedenkstätte Stalag 326
23. November 2022, 18 Uhr
„Die Verfolgung von Sinti*zze und Rom*jna im Nationalsozialismus aus tätergeschichtlicher Perspektive.“
Der Vortrag findet in der ehemaligen „Entlausung“ des Stalag 326 (VI K) Senne statt.
Der Völkermord an Sinti und Roma im Nationalsozialismus war ein staatlich organisiertes Verbrechen, das arbeitsteilig umgesetzt wurde. Kern des arbeitsteilig ausgerichteten „Netzwerkes von Täter-Kollektiven“ (Frank Bajohr) war der „wissenschaftlich-polizeiliche Komplex“ (Michael Zimmermann), bestehend aus der Kriminalpolizei und „Rassenhygienischen Forschungsstelle“ im Reichsgesundheitsamt. Diese Arbeitsteiligkeit wird im Vortrag von Verena Meier (Uni Heidelberg) mit Fokus auf die Kriminalpolizeistelle Magdeburg aufgezeigt. Die vielfältigen Ausdrucksformen des Antiziganismus werden auf lokaler Ebene untersucht und zum Beispiel gefragt, ob die antiziganistischen Grundhaltungen bei Kriminalbeamt*innen in Magdeburg deckungsgleich mit den größtenteils wissenschaftlich-biologistischen Rassismen der Täter*innen aus den übergeordneten zentralen Apparaten der Verfolgung waren. Darüber hinaus werden die Handlungs- und Ermessungsspielräume sowie die Initiativen lokaler Kriminalbeamt*innen bei der NS-Verfolgung im Zusammenhang mit den übergeordneten Direktiven analysiert und Verfolgungsmaßnahmen gesamtgesellschaftlich eingeordnet. In ihrem Dissertationsprojekt untersucht Verena Meier die Zeit von der ausgehenden Weimarer Republik bis in die DDR. Im Mittelpunkt des Vortrags steht daher auch die Frage, wie eine im liberalen Klima der Weimarer Republik neu ausgerichtete und modernisierte Kriminalpolizei, die mit sozialen und demokratischen Aufträgen versehen wurde, zu einem Instrument nationalsozialistischer Verfolgung wurde und welche Rolle die Protagonist*innen der Kripo dabei spielten.
Kreismuseum Wewelsburg
24. November 2022, 19 Uhr im Burgsaal
Magdeburg-Sachsenhausen-Niederhagen/Wewelsburg. Wege verfolgter Sinti und Roma im KZ System nach der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ 1938
Bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges bildeten KZ-Häftlinge mit dem schwarzen Winkel (sogenannte „Asoziale“) die größte Häftlingsgruppe in den Konzentrationslagern. Mit dem Erlasses zur „vorbeugenden Verbrechensbekämpfung“ vom 14. Dezember 1937 ermächtigte der Reichsinnenminister Wilhelm Frick die Kriminalpolizei, KZ-Einweisungen vorzunehmen. 1938 folgten größere Verhaftungswellen durch die Gestapo und Kripo im gesamten Deutschen Reich. Unter den Verfolgten waren zahlreiche männliche Sinti und Roma. Nach dem Ende des Kriegs hatten sie Schwierigkeiten eine Anerkennung als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung erlangen, da beide deutschen Staaten u.a. weiter argumentierten, dass es sich um „präventive Kriminalitätsbekämpfung“ gehandelt habe und antiziganitische weiter tradiert wurden. Der Vortrag von Verena Meier (Uni Heidelberg) beleuchtet das Handeln der verantwortlichen Täter*innen der Kriminalpolizei in Magdeburg und richtet den Fokus auf die Deportation männlicher Sinti und Roma aus dem Raum Magdeburg im Zuge der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ im Juni 1938 in die Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen. Einige von ihnen wurden im September 1941 vom KZ Sachsen-hausen in das KZ Niederhagen verlegt. Der biografische Fokus dieses Vortrags wird auf diesen Häftlingen liegen. Ein genaues Bild über die Deportationspraxis und die arbeitsteilige Täterschaft im Zuge dieser KZ-Einweisungen sowie die Handlungsspiel-räume der Verfolgten und Formen des Widerstandes geben die Gefangenenbücher des Polizeigefängnisses sowie die kriminalpolizeilichen Personalakten. Diese Überlieferungen bilden den Ausgangspunkt des quellenbasierten Vortrags.
26. November 2022
Aktionstag im Stadtmuseum
11 Uhr Basisschulung Diskrimierung erkennen.
Eine Schulung durch die ADA - Servicestelle Antidiskrimierungsarbeit
15 Uhr öffentliche Fühhrung mit Verena Meier, Forschungsstelle Antiziganismus
19 Uhr Konzert mit dem Romeo Franz Ensemble feat. Joe Bawelino
Traditioneller Sinti-Jazz vom Feinsten, Eintritt frei.
27. November 2022, 11:30 - 13:30 Uhr
Sinti und Roma. Der lange Weg der Anerkennung auch in Paderborn?
Podiumsdikussion zum Thema, Rathaus Paderborn, Großer Ratssaal
8. Dezember 2022, 17 Uhr
Öffentliche Führung
Einen Schritt vor dem Krieg - За крок до війни
Einen Schritt vor dem Krieg
In der Ausstellung „Einen Schritt vor dem Krieg” ging es um die Schrecken des Krieges und um die Vorahnung dieser aktuellen Ereignisse. Russlands völkerwiderrechtlichen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 hat die Prozesse in der zeitgenössischen Kunst der Ukraine beschleunigt. Die Künstler*innen reagieren auf die Geschehnisse und verarbeiten mehr denn je innere und äußere Wahrnehmungen in ihren Bildern und Skulpturen.
Basierend aus den persönlichen Erfahrungen des Jahres 2014 (Besetzung eines Teils des Donbass durch Russland) hat der aus der Region Donezk stammende Künstler Petro Antyp den Beginn eines umfassenden russisch-ukrainischen Krieges in diesem Jahr bereits erahnt. Vor acht Jahren mussten er und sein Landsmann Sergij Sakharow aufgrund ihrer pro-ukrainischen und pro-europäischen Haltung ihre Heimat verlassen und suchten in der ukrainischen Hauptstadt Kyiw Zuflucht. Am 24. Februar dieses Jahres holte der Krieg sie erneut ein.
Das Stadtmuseum zeigte eine Auswahl mit Werken von Petro Antyp, Sergij Sakharow, Oleksandr Serdyuk, Igor Panchuk, Oleksii Konoshenko und Victoriia Romanchuk. Sie sind vor und während des Krieges entstanden. Es sind eindrucksvolle Zeugnisse unvorstellbarer Ereignisse eines sinnlosen Krieges – Vorahnungen und Reflexionen, die nicht nur die Menschen in der Ukraine betroffen macht.
Die Gemälde und Skulpturen sind unter schwierigen Umständen direkt aus Charkiw, Kyiw und Lwiw von Petro Antyp und Maryna Streltsova nach Paderborn gebracht worden. Für die Vermittlung danken wir Prof. Andreas Götte und Ralph Wezorke, für die technische Umsetzung geht der Dank an Andreas Witt und an das Team der Städtischen Museen und Galerien Paderborn.